Themen und häufig gestellte Fragen

Berichte von TeilnehmerInnen an Seminaren und Workshops über Aussagen 

„Das ist ein Foto, ein Foto stimmt immer“

„Das Schönheitsideal macht unsere SchülerInnen fertig“

„Das stimmt nicht. Auf Youtube sagen sie was ganz anderes“

„Im Internet steht was ganz anderes, als das was in den Nachrichten kommt“

„Das kann nicht sein, da gibt es Filme im Internet die sagen alle das Gegenteil“

„Da gibt es gerade eine ganz neue Krankheit, Wasserallergie. Gibts ganz viele Filme im Internet. Ich hab Angst“

Was ist harmloses Retuschieren, was ist schon Manipulation? Wo ist die Grenze zwischen echt und gefälscht? 

Es gibt von den zur Verfügung stehenden Werkzeugen keine Grenze zwischen harmlosem Retuschieren und einer Manipulation. Beide verwenden die absolut selben Werkzeuge, daran kann man es also nicht fest machen. Zudem ist ja jedes Foto und jeder Film an sich schon eine Reduzierung auf genau das, was vom „Macher“ durch bspw. Bildausschnitt und Aufnahmezeitpunkt gewünscht wurde. Allein durch dieses Reduzieren oder Inszenieren kann aber nicht sofort von Manipulation geredet werden.   Zunächst muss unterschieden werden, ob es sich bei dem Bild oder Filmmaterial um Unterhaltung, Kunst, Werbung oder Information handelt.  In Unterhaltung und Kunst wissen wir und wünschen wir Manipulationen, es soll ja Spaß machen. Im Bereich Werbung kommen wir schon in einen Grenzbereich. Die Nachbearbeitung von Körperformen bei Models nimmt teilweise kuriose Formen an und erzeugt damit ein Körperbild als Schönheitsideal, das in der Realität nicht oder fast nicht zu finden ist. Da fängt die Manipulation an.  Ganz besonders wichtig für den Betrachtenden – und das ist ein wesentlicher Aspekt der Manipulation – ist die Erwartung an die Bilder und Filme, die Information sind oder als solche verstanden werden. In diesem Bereich erwarten BetrachterInnen ein möglichst nahes Abbild der Realität. Wird dieses Abbild nun durch „Macher“ so verändert, dass die Realität verzerrt wird, dann ist von Manipulation zu sprechen.  Der Unterschied zwischen harmloser Retuschierung und Manipulation hat also etwas mit dem Informationsaspekt zu tun, und mit der Intention, die die Nachbearbeitung hat.

 

Wie viel Skepsis ist beim Betrachten von Bildern angebracht. Lauert hinter jeder Ecke eine Manipulation? 

Heute kann man davon ausgehen, dass es wohl kein Bilder und sicher keine Filme gibt, die ohne Nachbearbeitung veröffentlicht werden. Tendentiell kann man Fotos und Filme aus Ländern mit eingeschränkter Pressefreiheit – und das sind deutlich mehr Länder als man sich vermutlich zunächst vorstellt – eher eine Manipulation unterstellen. Also ist bei Bildern und Filmen dieser Herkunft viel Skepsis empfehlenswert. Für alle anderen Fotos und Filme rate ich dazu, zumindest beim Betrachten einmal zu überlegen: Warum wurde genau dieses Bild/dieser Film hier verwendet und platziert? Das schärft den Blick und lässt erkennen, was die Aussage des Bildes oder des Filmes ist. Und das sollte zum Text und den anderen Inhalten passen.  Die meisten Bilder und Filme, die wir in unseren traditionellen Medien finden, sind selten das, was man „manipuliert“ nennen darf und sollte. Möglich ist es dennoch, daher ist die gleiche gesunde Skepsis gegenüber einem Foto und Film angebracht, wie wir es auch gewohnt sind beim Lesen von Texten. Bei der journalistischen Arbeit bedienen wir uns u.a. bei Bildagenturen. Manipulierte Bilder findet man überall – auch bei „Reuters, Springer und Co“ ;-) – aber selten.

 

Wie lange beschäftigt ihr euch schon mit dem Thema? 

Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der viel fotografiert und gefilmt wurde – was mir damals nicht immer Spaß gemacht hat! *lach* Hab als Kind schon fleißig fotografiert und Millionen Dias eingerahmt. Mein ganzes berufliches Leben hatte mit Filmen und Bildern und Inszenierungen mit Bildern zu tun. Von den early beginnings im Kino und im Studium über die langjährige Arbeit in Werbeagenturen bis zum Filmemachen und der Arbeit mit „FAME * Filmen Als Methode“, die ich gemeinsam mit Regisseurin Juliana Neuhuber entwickelt habe. Medienarbeit ist mein Leben. Ich liebe es Geschichten zu visualisieren! Also: gefühlt schon immer, aber nachweislich seit 29 Jahren;-)

 

Ein für Text zuständiger Journalist wird normalerweise keine Werbetexte schreiben. Freiberufliche Fotografen liefern aber für Presseberichte und für Werbungen zu. Was sind die Auswirkungen? 

Da sehe ich bei professionellen Fotografen keinen Konflikt. Wie und warum Manipulationen stattfinden ist ein komplexer Vorgang. Ein Teil davon ist sicher die Veränderung der Medienwelt von einem ehemals staatlichen Informationsauftrag als wichtigem Bestandteil zur demokratischen Meinungsbildung hin zu privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen, die Informationen mit einem Aspekt auf Wertschöpfung kreieren. Diese orientieren sich an Gewinnen, und die werden mit Einschaltquoten und Auflagen erzielt, neben den Werbeinnahmen. Da sehe ich zunächst auch keinen zwingenden Widerspruch, sofern man sich an ethische und moralische Grundsätze hält.     

 

Wo wird am meisten gefälscht? In welchen Medien? 

Im Internet. Dort insbesondere im Social Media Bereich und auch bei den Internetplattformen, die auftreten wie Nachrichtensender oder Internet-Zeitungen, aber auch bei den Internetgruppierungen, die radikalen Parteien oder Vereinen nahe stehen. Das hört sich sehr pauschal an, gilt sicher nicht für alle, aber es ist der Bereich der nach meinen Erfahrungen und meinem Kenntnisstand am meisten mit teils drastischen Manipulationen auffällt.

 

Die Diskussion um Fake News dreht sich wenig um Bilder. Warum regen manipulierte Bilder anscheinend noch nicht so viel Leute auf? 

Ich kann nur vermuten, warum das so ist. Was Bilder in uns auslösen und mit unserer real erlebten Welt machen, steht im Bereich der Forschung noch recht am Anfang. Klar ist heute in der Wissenschaft, dass wir durch Bilder allein durch das Ansehen Geschichten erleben, so als wären wir dabei. Wir erleben also die Emotionen hautnah mit, die wir auf dem Foto oder im Film beobachten. Spiegelneuronen sind ein Schlagwort, unter dem viel in den Fachmedien zu diesem Thema zu finden ist.  Bildern wird heute vom betrachtenden Menschen noch immer unterstellt, dass sie ein „Abbild“ sind. Wie weit aber Manipulation heute technisch möglich ist, und wie wenig ein Bild ein Abbild ist, ist den meisten Menschen nicht bekannt, trotz der ganzen Animationsfilme.     

 

Gibt es schon genug Problembewusstsein?

Ganz klare Antwort: Nein. In unseren bisherigen Seminaren, die sachlich und gleichzeitig lustvoll sind, haben wir bei SchülerInnen, Lehrenden und anderen immer eines erlebt: Erstaunen, bis hin zu Entsetzen als erste Reaktion. Um dann froh zu sein nun ein Tool an der Hand zu haben um Manipulationen zu erkennen. Aber von Bewusstsein in dem Sinne kann vor unserem Workshop nicht die Rede sein. Eher ein Unwohlsein … ein Vermuten, dass da etwas nicht ganz in Ordnung ist.     

 

Wie sehr habt ihr selbst den geschulten Blick einüben müssen um Manipulationen zu erkennen? 

Das grundlegende Handwerkszeug war recht einfach und schnell erlernt. Es ist Teil von unserem Beruf, wir inszenieren ja immer in unseren Filmen Geschichten. Im Laufe der Zeit verfeinert es sich fast von selbst. Man erlernt selbst immer besser technisches Know-How der Manipulationsmöglichkeiten und erkennt dadurch Fälschungen rasch. Hundert Prozent gefeit ist man aber auf den ersten Blick auf ein Bild nie. Aber man lernt wie man recherchiert, wenn man Zweifel hat. Das wichtigste Werkzeug ist aber das eigene Gefühl. Zu Beginn ist immer die Frage wichtig: was macht das Bild oder der Film mit mir? Und was soll damit bezweckt werden? Daraus ergeben sich dann Ansatzpunkte. Der Rest ist dann Handwerkszeug, bis hin zur Rekursivsuche von Bildern. Dazu muss nur gewusst werden wo man Programme zur Rekursivsuche findet und wie sie zu benutzen ist. ;-)

 

Wie lange muss man bei einem gut gefälschten Bild schauen, um das zu erkennen? 

Ein wirklich gut gefälschtes Bild lässt sich leider kaum sofort als gefälscht entlarven. Es sei denn, jemand hat es schon enttarnt und diese Information findet sich dann im Internet. Skeptisch machen sollte aber jede Form der erkennbaren Nachbearbeitung. Stimmt die Beleuchtung so, dass sie real ist? Waren die Personen auf dem Bild wirklich an dem Tag dort? Ist die Uniform des am Boden liegenden Polizisten eine „normale“ oder eine fremde? Manchmal ist es aber auch banal wie bei dem aktuellen Besuch des US Außenministers in Kabul: das Foto, das um die Welt ging hatte sehr warme Lichttöne im Konferenzraum. Und das ist eher untypisch – es wird normalerweise mit weißem Licht gearbeitet. Schlussendlich stellte sich heraus, dass der Minister aus Sicherheitsgründen nicht in Kabul war, sondern in einem weit entfernten Militärstützpunkt. Das ist insofern manipulativ, weil der Bericht zeigen sollte, wie sicher Kabul angeblich sei.

 

Wieso bietet ihr diese Workshops an? 

Wir haben Kinder und unsere Kinder werden Kinder haben. Wir wollen mit dem Spaß, den wir an unserer Arbeit haben, dazu beitragen, dass in der Gegenwart und in der Zukunft Menschen gute und reale Information von Desinformation unterscheiden können. Desinformation und Manipulation wird es immer geben. Der einzige Schutz davor ist, sie zu erkennen. Deshalb bieten wir diesen Workshop an.     

 

Was ist/sind Beispiel/e für gute Fälschung/en? 

Historisch ist es das Bildnis von Abraham Lincoln. Da es zu Lebzeiten keines von ihm gab, retuschierte man nach seinem Tod seinen Kopf auf einen anderen Körper. Das es der Körper eines Sklavenbefürworters ist, hat durchaus eine anekdotische Komponente (Lincoln war Gegner der Sklaverei). Dieses Bild von Lincoln ist allen bekannt, nur kennt kaum jemand diesen Zusammenhang.  Aus der aktuellen Zeit ist es der Auftritt der Journalistin Eva Bartlett im Gebäude der Vereinten Nationen. Diese Video geht wie ein Virus durch das Internet, es erweckt den Eindruck, als würden die Vereinten Nationen sehr kritisch die Informationspolitik der westlichen Welt in Syrien kritisieren. Am Ende ist es aber einfach nur gut gemacht. Es ist kein Video der Vereinten Nationen, es ist ein Video der Journalistin Frau Bartlett in den Räumen der Syrischen Vertretung im Gebäude der Vereinten Nationen. Aber auf den ersten Blick und auch auf den zweiten Blick ist das nicht fest zu stellen. Extrem gut manipuliert, inhaltlich durchaus sehr fragwürdig mit Blick auf journalistische, ethische und moralische Grundsätze.     

 

Braucht es strengere Regeln für Fotografen und Redakteure bzw. Werber? 

Wie wäre es, wenn einfach nur jedes Bild, das verändert wurde mit „Manipuliert“ gekennzeichnet werden würde? Wir würden uns daran gewöhnen, oder? Kontrolle, strenge Regeln … ich kenne keinen Fall wo so etwas wirklich etwas nutzt. Wobei Strafen für Medien, die manipulieren – ich denke da bspw. an die bösartige Diffamierung von der Bild Zeitung gegenüber dem damaligen deutschen Minister Trittin – durchaus so hoch sein müssten, dass die damit erzielten Gewinne durch die Manipulation und eine zusätzliche Strafzahlung so etwas nicht mehr reizvoll machen. Dennoch hilft aber nur eines: eine Gesellschaft, die ihre ethischen und moralischen Grundsätze auch von den Medien einfordert und Menschen die wissen wie Manipulation funktioniert. Das reicht aus, da würden keine strengen Regeln notwendig sein.